Marco Trombetti

Geld

Wenn ein Unternehmen Kapital braucht, um zu wachsen, gibt es zwei Möglichkeiten, es zu erhalten: Fremdkapital und Eigenkapital. Durch Fremdfinanzierung kann der Unternehmer Eigentümer des Unternehmens bleiben, indem er das Kapital irgendwann zuzüglich Zinsen zurückzahlt. Bei der Eigenkapitalfinanzierung hingegen investieren Investoren Geld in das Unternehmen und erhalten dafür Unternehmensanteile. Im letzteren Fall wird das Kapital als Anteil am Gewinn (Dividende) oder – was üblicher ist – nach einem Verkauf der Unternehmensanteile zurückgezahlt.

In seltenen Fällen brauchen Unternehmen kein Kapital, da sie vom ersten Tag an das Einkommen generieren, das sie für das Wachstum brauchen. Diese werden als Bootstrap-Unternehmen bezeichnet. Translated, mein erstes Start-up, fällt in diese Kategorie. In der Welt der Technik sind Bootstrap-Unternehmen so selten, dass es keinen Sinn macht, sie hier zu erläutern.

Die alte Wirtschaft basierte auf Fremdkapital, die neue digitale Wirtschaft dagegen auf Eigenkapital. Apple, Microsoft, Oracle, eBay, Google, PayPal, YouTube, Facebook: Die meisten Erfolgsgeschichten der letzten 30 Jahre wurden durch Eigenkapitalfinanzierung statt Fremdfinanzierung ermöglicht. Sie sind, genauer gesagt, durch eine besondere Form von Eigenkapital, sogenanntes Risikokapital, entstanden. Im Unterschied zu außerbörslichen Unternehmensbeteiligungen (um ein Beispiel zu nennen) ist Risikokapital eher etwas für kühne und innovative Unternehmen.

Der Grund dafür ist einfach: Technologie und Innovation verändern die Welt immer schneller. Das Chancenfenster, in dem ein neues Produkt veröffentlicht werden kann, wird immer kleiner. Um erfolgreich zu sein, ist es daher notwendig geworden, den Risikofaktor zu erhöhen und auf Initiativen zu setzen, die durch den Markt noch nicht validiert wurden.

In diesem risikoreichen Umfeld ist an Fremdkapital nicht zu denken: Die Banken müssten einen unerschwinglich hohen Zinssatz festlegen und Unternehmer wären aufgrund des Drucks, das Kapital zurückzuzahlen, gezwungen, weniger Risiken einzugehen. Beim Risikokapital akzeptiert der Investor hingegen die Möglichkeit, alles zu verlieren, und hat dafür die relativ geringe Chance, dass das Unternehmen ein Riesenerfolg wird. In einem typischen Beispiel verliert ein Investor in neun von zehn Fällen sein Geld, während er mit dem zehnten Unternehmen seine ursprüngliche Investition in 30-facher Höhe zurückerhält. Mit einem Investor, der bereit ist, seine gesamte Investition zu verlieren, hat der Unternehmer die Freiheit, jene Risiken einzugehen, die den Wert eines Unternehmens erheblich steigern können.

Risikokapital ist nicht für jeden Unternehmer geeignet. Im Lauf der Jahre habe ich einen ganz einfachen Test entwickelt, der dabei hilft zu verstehen, wann es geeignet ist:

Würdest du lieber 100 Prozent eines Unternehmens im Wert von 100 Millionen oder 10 Prozent eines Unternehmens im Wert von 1 Milliarde besitzen? Nimm dir einen Moment Zeit und denk darüber nach.

Wenn die Antwort 100 Prozent ist, dann wirst du mit einer Fremdfinanzierung glücklicher. Wenn du dich für die 10 Prozent entscheidest, ist Risikokapital die richtige Lösung für dein Unternehmen.

Die Investitionsrunden heißen Pre-Seed, Seed, Series A, Series B, Series C und so weiter, bis das Unternehmen an der Börse notiert ist. Die letzte, als Börseneinführung oder IPO bekannte Phase ist nichts anderes als eine Investitionsrunde in einem geregelten Markt, der für Kleinanleger zugänglich ist. ICO ist ein öffentliches Angebot basierend auf Kryptowährung in einem derzeit nicht regulierten Markt.

Auch wenn die beteiligten Unternehmen und Märkte sehr unterschiedlich sein können, ist die Struktur der Runden relativ genormt. In der Pre-Seed-Runde gibt man 10 Prozent des Unternehmens für etwa 50 000 Euro ab. In der Seed-Runde sammelst du 500 000 Euro für 20 Prozent. In der Series-A-Runde wirbst du 2 Millionen für 20 Prozent und dann 10 Millionen für weitere 20 Prozent ein, und so weiter. An manchen Orten wie etwa Kalifornien können die erzielten Beträge und Bewertungen bis zu dreimal höher ausfallen, während sie in anderen Ländern die Hälfte betragen können. Gemäß den Crunchbase-Zahlen für das Jahr 2017 ist das jedoch die allgemeine Größenordnung in Europa.

Drew Houston, der Gründer von Dropbox, besaß 2017 13 Prozent des Unternehmens, nachdem er innerhalb von 10 Jahren 1 Milliarde US-Dollar gesammelt hatte. 2017 wurde Dropbox auf etwa 10 Milliarden geschätzt. Dropbox sammelte in der Pre-Seed-Runde 15 000 US-Dollar bei einer Bewertung von etwa 300 000 US-Dollar, dann 1,2 Millionen US-Dollar bei etwa 10 Millionen US-Dollar, dann 6 Millionen US-Dollar bei etwa 28 Millionen US-Dollar und so weiter bis zur Milliarde … Die Zahlen sind für Airbnb, Facebook und andere sehr ähnlich.

Wenn viel Geld mit einer viel zu niedrigen Bewertung eingeworben wird, können Governance und Motivation langfristig eher nicht gesichert werden. Ein Gründer, der weiß, dass er irgendwann nur 2 Prozent des Unternehmens besitzt, denkt sofort wie eine Manager und nicht wie ein Unternehmer. Der Investor ist kein Unternehmer, und ohne Unternehmer sinkt die Erfolgswahrscheinlichkeit drastisch ab. Geldbeschaffung mit einer übermäßig hohen Bewertung steigert dagegen die Erwartungshaltung für die nächsten Runden: Es ist schwierig, Investoren zu überreden, einen Rückschritt bei der Bewertung zu akzeptieren, und so riskiert man, überhaupt kein Kapital einzuwerben.

Wie entscheidet man, wie viel ein Start-up wert ist?

Die besten Unternehmen der Welt haben in vergleichbaren Phasen Finanzierungen mit ähnlichen Bewertungen erhalten. Fast alle Start-ups wenden sich an den Markt, um Finanzierungen mit ähnlichen Bewertungen einzuwerben (die typische Bewertung für die entsprechende Runde), aber nur die Besten haben Erfolg. Bei der Auswahl geht es also eher darum, wer das Geld bekommt und wer nicht; und nicht um die Bewertung selbst. Die erfolgreichsten Start-ups heben sich dadurch hervor, dass sie viele Runden mit steigender Bewertung meistern – nicht jedoch, weil ihre Bewertung in der jeweiligen Runde viel höher war als jene der Mitbewerber.

Viele Unternehmer machen den Fehler, ihren Erfolg an der Bewertung oder dem Kapital, das sie einwerben, zu messen. Sie tun dies, weil diese Zahlen oft die einzigen sind, die der Öffentlichkeit zugänglich sind. Die Kapitalbeschaffung ist nichts als ein notwendiges Opfer, mit dem die Erfolgswahrscheinlichkeit erhöht werden soll. Sie ist kein Maßstab für den Erfolg. Außerdem sollte die Qualität einer Runde an den Investitionsbedingungen gemessen werden, die jedoch so gut wie nie veröffentlicht werden.

Warum sollte jemand 100 000 in der Pre-Seed-Runde investieren und deine Idee mit 1 Million bewerten, wenn du noch kein Unternehmen hast, das Gewinn erwirtschaftet?

Das wird auch nicht geschehen. Deine Idee wird gar nicht erst mit 1 Million bewertet. Es wird ein prospektiver Wert festgelegt, der darauf basiert, wie engagiert du bei der Weiterentwicklung des Projekts bist, und die Investoren werden dich um eine Garantie bitten, dass sie die ersten sein werden, die ihre Investition wieder einholen. Sie werden überzeugt sein, dass deine Hingabe das entscheidende Element ist, um ein wertvolles Unternehmen zu schaffen, und sie wissen, dass die Garantie sie teilweise schützt, falls etwas schief laufen sollte.

Gute Investoren fragen nach eher wenigen Anteilen an einem Start-up. Ihnen ist bewusst, dass Gründer in den nächsten Runden allmählich an Motivation und Kontrolle verlieren. Sie sichern sich daher einen kleinen Anteil und fordern im Gegensatz eine Absicherung.

Aktionärsvereinbarungen sind eine Möglichkeit, um diese Gleichung auszubalancieren. Sie ermöglichen eine geringe Verwässerung und die notwendige Kapitalzufuhr. Die Hauptklauseln einer solchen Vereinbarung umfassen Liquidationspräferenz, Mitverkaufsrecht und Bad-Leaver-Regelungen. Die Liquidationspräferenz dient als Garantie, dass der Investor noch vor den Gründern sein Kapital zurückerhält. Beim obigen Beispiel würde der Investor dennoch sein Kapital (100 000) zurückerhalten, auch wenn das Unternehmen für weniger als 1 Million verkauft würde. Im Extremfall – wenn das Unternehmen nichts wert ist – verlieren sie alles. Wenn der Wert höher als die Bewertung für diese Runde ist, profitiert jeder im Verhältnis seines Anteils. Eine Mitverkaufsklausel besagt, dass bei einem Verkauf der Anteile des Gründers an einen Käufer auch die Investoren berechtigt sind, anteilig und zum gleichen Preis an denselben Käufer zu verkaufen. Wenn du zum Beispiel einen Käufer findest, der an deinen 51 Prozent interessiert ist, kannst du nicht einfach verkaufen und den Investor links liegen lassen. Die dritte Klausel, die sogenannte Bad-Leaver-Regelung, stellt eine Verpflichtung der Gründer dar. Wenn der Gründer das Start-up innerhalb von drei Jahren verlässt, überträgt er den Großteil seiner Anteile proportional an die übrigen Aktionäre.

Kein Investor ist wie der andere; daher ist es eine gute Idee, nur die Besten der Besten für ein Abenteuer auszuwählen, das viele Jahre oder gar Jahrzehnte dauern kann. Ich empfehle dir daher, den Investor als reichen Mitgründer und nicht als Bank zu sehen. Hier stelle ich einen einfachen Test vor, um einen guten Investor zu erkennen: Wenn er nach mehreren Zusatzklauseln zu denen, die ich oben bereits erwähnt habe, fragt, ist er vermutlich ein schlechter Investor. Der Grund dafür ist einfach: Wenn der Investor mehr Absicherung braucht, ist er sich der Tatsache bewusst, dazu zu neigen, keine guten Investitionen zu tätigen. Er konzentriert sich daher darauf, so viel wie möglich aus mittelmäßigen Ergebnissen herauszuschlagen, anstatt sich auf Erfolgsgeschichten zu konzentrieren. Es gibt auch Fälle, in denen ein Investor so erfolgreich und begehrt ist, dass die Gründer alle möglichen Bedingungen akzeptieren, um ihn an Bord zu holen. Ich kenne aber trotzdem keine erfolgreichen Investoren, die ihre Bedingungen aggressiv durchsetzen – das Gegenteil ist häufiger der Fall. Erfolg stellt sich ein, wenn man die besten Unternehmer auswählt und unterstützt. Ich glaube nicht, dass es für einen Investor möglich ist, den Erfolg anderer einzuschränken.

Andere Bedingungen wie Vetorechte, Mitverkaufspflichten, Kontrolle von Leitungsorganen usw. sind Warnsignale, nach denen du Ausschau halten solltest, bevor du eine Investition annimmst.

Dennoch ist es ratsam (auch wenn es anders möglich wäre), die drei Standardklauseln aufzunehmen, weil es sonst während und nach der Investition zu unnötigen Spannungen kommen kann. Als ich Kapital für Memopal einwarb, verhandelte ich eine Vereinbarung ohne Liquidationspräferenz und habe Kapital mit relativ hohen Bewertungen erhalten. Beim Verkauf gehörten mein Mitgründer und ich zu den wenigen Leuten, die damit Geld verdienten. Es war keine angenehme Erfahrung, dass einige der Investoren durch uns Geld verloren, und es ist mir sicherlich nicht zuträglich, wenn ich in Zukunft Geld von denselben Investoren einwerben möchte. Ich konnte einige Leute mit meinem Gewinn entschädigen, aber rückblickend war es inmitten von Steuern und komplizierten Gleichgewichten, die sich im Lauf der Zeit entwickeln, nicht einfach, die Dinge genau so zu regeln, wie man es sich wünscht.

Angesichts der durchschnittlichen Erfolgsquote von Start-ups steigt ein Gründer, der ein Kapital von 2 Millionen bei einer Bewertung von 10 Millionen, einer 4-fachen Liquidationspräferenz, Vetorechten und Mitverkaufspflichten erhält, durchschnittlich schlechter aus als ein Gründer, der Kapital mit einer Bewertung von 1-5 Millionen, einer 1-fachen Liquidationspräferenz und ohne Vetorechte und Mitverkaufspflichten einwirbt. Nur die besten Gründer verstehen das und konzentrieren sich auf die Bedingungen.

Um die Kapitalbeschaffung schneller und einfacher zu machen, wird in Kalifornien und anderswo häufig das SAFE (Simple Agreement for Future Equity) verwendet. Dabei handelt es sich um Fremdkapital, das in der nächsten Runde mit bestimmten Abschlägen und einer bestimmten Maximalbewertung in Anteile umgewandelt wird. Das SAFE stellt auch einen standardisierten Vertrag für Investoren und Unternehmer dar, sodass sich der Einsatz von Anwälten erübrigt. Der größte Vorteil von SAFE ist, dass es asynchron und hochaufgelöst ist; das heißt, du kannst Vereinbarungen direkt mit Investoren aushandeln und unterzeichnen, ohne einen Vertrag auszustellen, den jeder unterschreiben muss, wie es beispielsweise in vielen Ländern notwendig ist. Das SAFE funktioniert gut, wenn die Nachfrage der Investoren das Angebot der Start-ups übertrifft. In diesen Fällen möchten sich die Investoren so schnell wie möglich einen Anteil am Unternehmen sichern – oft auf Kosten besserer Bedingungen. Der Y Combinator’s Demo Day hat dafür ein Beispiel. Dort beträgt der typische Abschlag 20 Prozent mit einer Bewertungsobergrenze von 15 Millionen. Wenn man bedenkt, dass 50 Prozent der Start-ups in den nächsten zwei Jahren keine Series-A-Runde durchführen und ihre Bewertungen in der Series-A-Runde etwa 30 Millionen betragen, kompensieren der 20-prozentige Abschlag und die Bewertungsobergrenze nicht das Risiko einer frühen Investition. In weniger wettbewerbsintensiven Märkten wird das SAFE daher nicht immer von den Investoren akzeptiert, da keine größeren Abschläge, die es mit Eigenkapital vergleichbar machen würden, möglich sind. Ich selbst frage mich auch, ob es nicht besser wäre, ein paar Tage mit der Suche nach dem idealen Investor zu verbringen, anstatt das SAFE zu verwenden, um das Geschäft schnell abzuschließen. Das SAFE ist sehr nützlich, aber ich würde vor seiner Nutzung immer sicherstellen, dass es für die wichtigsten Investoren akzeptabel ist. Ich persönlich nutze es gerne, wenn ich einen Teil des Kapitals sichern will und wenn alle anderen Investoren es vorziehen. Ich vermeide es, wenn ich mehr Zeit habe, um mit dem Gründer zu sprechen.

Ein weiteres wichtiges Thema bei der Kapitalbeschaffung ist die Frage, wie viel Geld in jeder Phase eingeworben werden soll. Der Prozess ist, wie bereits erwähnt, nicht unendlich und der Markt recht strukturiert. Zwei Elemente müssen ausgewogen sein: einerseits so wenig wie möglich einwerben, um die Verwässerung zu minimieren, und andererseits nicht das Start-up gefährden. Start-ups scheitern aus einem Grund: Ihnen geht das Geld aus.

Die besten Gründer sind charismatische Führungskräfte, die nicht nur ihr Team, sondern auch Investoren führen. Sie werden so, weil sie ihr Herzblut in die Interessen aller am Tisch stecken und das Gewicht dieser Verpflichtung auf ihren Schultern spüren. Dieses Herzblut gibt ihnen zusammen mit dem Wissen über die Detailfragen der Finanzierung eine klare und attraktive Vision der Zukunft, die alle vereint.

1 4x bedeutet, dass der Investor vorrangig 400 % seiner Investition zurückerhält.

2 Daten aus CB Insights – The Venture Capital Funnel, Mattermark und Crunchbase Pro.